Jahrhundertealtes Kulturgut und wichtiger Beitrag zu Artenvielfalt und Biotopvernetzung

Seit Kurzem gehört die süddeutsche Wander- und Hüteschäferei zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO in Deutschland. Die Wander- und Hüteschäferei, die in den süddeutschen Mittelgebirgsregionen mit Flusstälern und in der Bodenseeregion praktiziert wird, spielt seit Jahrhunderten und bis heute eine wichtige Rolle für die Erhaltung der Kultur- und Naturlandschaft sowie der darin lebenden Tier- und Pflanzenarten. Aus dieser Beweidungsform sind sowohl die Mager- und Trockenrasen entstanden als auch die Wacholderheiden Baden-Württembergs. Die Schäferinnen und Schäfer müssen mit ihren Herden sowohl standörtliche als auch jahreszeitliche Wechsel bewerkstelligen. Dabei legen sie teilweise Strecken von bis zu 500 Kilometern zurück, um an die verschiedenen Sommer-, Herbst- und Winterweiden zu kommen. Oft sind die Weiden karge Gründe, die keine andere landwirtschaftliche Nutzung sinnvoll erscheinen lassen. Aber auch Flächen, die wegen der Aufgabe der Bewirtschaftung langsam verbuschen, werden von den Schäferinnen und Schäfern und ihren Herden besucht. Da die Tiere in ihren Klauen und in ihrer Wolle verschiedene Kleinstlebewesen und Pflanzensamen transportieren, leistet die Wanderschäferei einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt und der Vernetzung von Lebensräumen.

Die Vermittlung des Wissens um die Haltung, Züchtung und das Hüten und Führen der Tiere wie auch um die Nutzung verschiedener Weideflächen zu unterschiedlichen Jahreszeiten stellt wie die um die Wander- und Hüteschäferei entstandenen Schäferlieder, Schäferdichtungen und Schäfertänze ein wichtiges Kulturgut dar.

Verlauf der Zugwege im Süden Deutschlands im 19. Jahrhundert: Wanderschäferinnen und -schäfer haben mit ihren Herden über Jahrhunderte lange Strecken auch über das Gebiet des Pfälzerwalds hinweg zurückgelegt. (Grafik: Biosphärenreservat/frei, nach Wolfgang Jacobeit: Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Akademie-Verlag, Berlin 1961)

Das chance.natur Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ beschäftigt sich im Südwesten Deutschlands, nämlich der Mittelgebirgsregion des Pfälzerwalds, mit der Wanderschäferei. Auch hier gab es nachweislich seit dem Mittelalter mehrere Zugwege der Wanderschäfer durch die Pfalz. Diese Tradition hat sich insbesondere im Pfälzerwald bis heute fortgesetzt und die pfälzischen Schäferinnen und Schäfer erfahren durch die Auszeichnung der UNESCO eine große Wertschätzung. Mithilfe der Wanderschäfer und der extensiven Tierhalter im Pfälzerwald soll ein großer Biotopverbund über eine Fläche von 8.200 Hektar entstehen. Das Projekt ist eines von 80 chance.natur Projekten in Deutschland. Die Projekte befassen sich mit Naturschutzthemen und sind in zwei Phasen aufgeteilt. In der ersten Phase, der Planungsphase, wird ein Pflege- und Entwicklungsplan erstellt. In der zweiten Phase geht es um die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Pflege- und Entwicklungsplan. Das Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ befindet sich im Moment in der ersten Phase.

Das Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ wird im Biosphärenreservat Pfälzerwald umgesetzt, Projektträger ist der Bezirksverband Pfalz. Die Förderung des Vorhabens erfolgt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie durch das Land Rheinland-Pfalz.

Informationen auch unter www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe.