„Das Thema heute ist mehr als Beweidung. Es geht um einen wichtigen strategischen Ansatz. Denn vieles, was wir uns im Naturschutz wünschen, wird durch Beweidung gefördert.“ Das sagte Dr. Erwin Manz, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, bei der deutsch-französischen Tagung „Kulturlandschaft im Wandel – mit vierbeinigen Landschaftspflegern in eine nachhaltige Zukunft“, die das Biosphärenreservat Pfälzerwald an der Universität Landau mit über 80 Teilnehmenden durchgeführt hat. „Wir feiern in diesem Jahr auch ein 25-jähriges Jubiläum für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen. Diese deutsch-französische Konferenz ist einer der schönen Anlässe, diese Kooperation aktiv zu begehen“, ergänzte Manz. Theo Wieder, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz, sagte: „Unser Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ ist nicht nur wegen seiner Größe und Reichweite bedeutsam. Es ist von elementarer Bedeutung, weil es hier darum geht, wie unsere Kulturlandschaft in Zukunft aussehen soll und wie der Mensch in Einklang mit der Natur und nicht als ihr „Beherrscher“ leben kann.“ Die Direktorin des Regionalen Naturparks Nordvogesen, Rita Jacob Bauer, betonte in ihrem Grußwort, wie wichtig es sei, mit den Partnerinnen und Partner vor Ort zusammenzuarbeiten: „Die Bedürfnisse auch unserer Beweider*innen zu erkennen, ist wichtig. Indem wir gut mit unseren Partner*innen kooperieren, auch über die deutsch-französische Grenze hinweg, können wir sicherstellen, dass die Grundlagen für unser grenzüberschreitendes Biosphärenreservat erhalten bleiben.“

Im Anschluss an die Grußworte präsentierten und diskutierten Expertinnen und Experten aus Frankreich und Deutschland in verschiedenen Beiträgen Vorhaben und Strategien der extensiven Beweidung unter vielfältigen Aspekten, so zum Beispiel hinsichtlich des Naturschutzes, der Bedeutung für die Kulturlandschaft und der Vermarktungsmöglichkeiten. Anhand von Best Practice-Beispielen aus dem deutschen und französischen Teil des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen wurden die Chancen und Herausforderungen extensiver Beweidungssysteme wie beispielweise der Wanderschäferei, von Großbeweidungsvorhaben und von lokalen Beweidungsmodellen aufgezeigt. Am Folgetag schloss sich eine Exkursion zum Thema im Gebiet des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen an.

Extensive Beweidung – Wirtschaftsform mit Tradition und aktueller Bedeutung

Schafe, Ziegen, Rinder, Pferde und Esel spielten früher und spielen bis heute als Landschaftsgestalter und beim Wandel unserer Kulturlandschaft eine wesentliche Rolle. Sie haben damit unsere Ökosysteme seit der Aufnahme einer Bewirtschaftung durch die Bauern in der Jungsteinzeit wesentlich geprägt.

Insbesondere der Wanderschäferei kommt hierbei eine weitere wichtige Funktion bei der Erhaltung des lebendigen Biotopverbundes zu, da die ziehenden Schafe als „Samentaxis“ für die weiträumige Verbreitung von Samen und Kleinstlebewesen fungieren. Diese Thematik wird unter anderem im chance.natur-Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ aufgegriffen und – die Genehmigung von Projekt II vorausgesetzt – in den nächsten zehn Jahren weiterentwickelt.

chance.natur-Projekt in der Interimsphase

Von Ende 2017 bis März 2022 lief mit Projekt I der erste Abschnitt des chance.natur-Projekts „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“, in dessen Zuge der Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) erarbeitet wurde. Projekt I des großen bundesgeförderten Vorhabens ist seit 31. März 2022 beendet. Im PEPL wurden unter anderem die Ziele und Maßnahmen auf den Projektflächen definiert. In der derzeit andauernden Interimsphase wird das auf zehn Jahre ausgelegte Projekt II beim Bund beantragt, während dem auf dem PEPL basierend die Maßnahmen über das geplante, etwa 8.300 Hektar große Fördergebiet, das über die Grünlandgebiete vom Wasgau zum Haardtrand bis nach Grünstadt reicht, umgesetzt werden sollen.

Während der Abstimmungsphase zum Antrag ist das Team beim Biosphärenreservat Pfälzerwald weiterhin im Sinne des Projekts im Einsatz. Zum Beispiel stehen sie in intensivem Austauschen mit Verbandsgemeinden, Beweider*innen und Schäfer*innen, Flächeneigentümern und weiteren Akteur*innen in der Region.

Das Projekt „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ wird im Biosphärenreservat Pfälzerwald umgesetzt, Projektträger ist der Bezirksverband Pfalz. Die Förderung von Projekt II soll, wie auch schon Projekt I, durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU) sowie durch das Land Rheinland-Pfalz erfolgen.

25 Jahre grenzüberschreitendes Biosphärenreservat

Die deutsch-französische Tagung „Kulturlandschaft im Wandel – mit vierbeinigen Landschaftspflegern in eine nachhaltige Zukunft“ fand im Rahmen des Jubiläums zum 25-jährigen Bestehen des grenzüberschreitenden UNESCO-Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen statt.

Die Biosphären-Teams in den Nordvogesen und im Pfälzerwald haben gemäß dem MAB („Man and the Biosphere“)-Programm der UNESCO bei der Anerkennung als deutsch-französisches Gebiet im Jahr 1998 den Auftrag übernommen, Ideen für eine nachhaltige Nutzung und für eine Erhaltung der natürlichen Ressourcen zu entwickeln und umzusetzen – und das über die deutsch-französische Grenze hinweg. Dafür entwickeln die Biosphären-Teams gemeinsam mit vielen Menschen in der Region Projekte, die als Modell für andere dienen können.

Die Tagung „Kulturlandschaft im Wandel – mit vierbeinigen Landschaftspflegern in eine nachhaltige Zukunft“ wird gefördert durch das Land Rheinland-Pfalz.

Bildunterschrift:

Viel Zeit zum Austausch: Beweider*innen, Fachleute von Behörden sowie Expert*innen aus der Wissenschaft begegnen sich bei der deutsch-französischen Konferenz und der zugehörigen Exkursion (hier bei Schindhard) des Biosphärenreservats (Fotos: Biosphärenreservat/frei)